Dienstabend mal anders: Technische Hilfeleistung im Wald

Veröffentlicht am: 29.04.2024
Autor: Gemeinde Bissendorf

Übungseinsatz Feuerwehr 26. April 2024Nach dem ersten Erkundungsgang der Einsatzstelle versuchen die Feuerwehrleute einen Zugang für den Notarzt zu den Insassen im PKW zu schaffen. Am Freitag, 26. April, (einem Dienstabend der Ortsfeuerwehr Schledehausen) arrangierten Hauptlöschmeister Timo Lauxtermann und Brandmeister Fabian Mandrella eine herausfordernde Rettungsübung, an der sich auch zwei Jugendliche als Statisten beteiligten.

Die Ausgangslage: Gegen 20.01 Uhr ging im Feuerwehrhaus Schledehausen ein Anruf der Regionalleitstelle ein. Dort sei der Notruf einer jungen Frau aus dem Ortsteil Wulften eingegangen. Die Spaziergängerin (Hailey, 16 Jahre) habe kurz zuvor am Nordhauser Weg den Unfall eines PKWs verfolgt, in dem vermutlich eine Person eingeklemmt sei.

Die Wirklichkeit: In einem per Radlader deformierten alten BMW, der nach dem Ablassen aller Betriebsstoffe in ein Waldstück transportiert und mit dem Dach zur Seite an einem Baum platziert wurde, warteten Jasper (16 Jahre) und die Feuerwehr-Übungspuppe Fred (Alter nach mehrfachen Einsätzen schwer einzuschätzen) auf Hilfe. Ein herzlicher Dank der Feuerwehr für die logistische Unterstützung geht an dieser Stelle an die Firma Kaufmann.


Übungseinsatz Feuerwehr 26. April 2024Statistin Hailey lotste die eintreffenden Rettungseinheiten zur Unfallstelle. Nach kurzer Lageeinweisung im Feuerwehrhaus trafen am „Unfallort“ nach und nach die alarmierten Einheiten ein: Allen voran das Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug (HLF) der Ortsfeuerwehr Schledehausen mit den Schwerpunkten Menschenrettung und Brandschutzbekämpfung. Dem folgten der Einsatzleitwagen (ELW) und der Gerätewagen Logistik (GW-Logistik). Die Ortsfeuerwehr Bissendorf kam mit einem Rüstwagen (RW) und einem Gerätewagen Messtechnik (GW-Mess) und ergänzenden Geräten zur technischen Rettung hinzu. Dem ebenfalls eintreffenden Rettungsdienst folgte schließlich die Drehleiter (DLK).

In Summe waren 33 Hilfskräfte im Einsatz. Zentrale Ziele der Übung unter Einsatzleiter Jörg Läkamp waren es, die Zusammenarbeit der Helfer, die Handhabung der eingesetzten Technik und die Umsetzung erlernter Rettungsgrundsätze zu fördern. Einer davon ist die 3S-Regel – ein Schema, dass in Absprache mit dem Notarzt zur Beurteilung einer Einsatzstelle und entsprechenden Methoden zur Patientenrettung (schonend, schnell oder sofort) angewendet werden kann.

Nach einer ersten Erkundung des Einsatzortes ging es für die Helfer ans Eingemachte: Größte Herausforderung war es, alle zur technischen Hilfe benötigten Gerätschaften mit eigener Körperkraft zur „Unfallstelle“ zu schleppen, die sich circa 80 Meter tief im Forst befand. Das Befahren von Acker- und Waldflächen war untersagt.

Zu Beginn der Übung wandten die Feuerwehrleute die so genannte „AUTO-Regel“ an – eine Handlungshilfe zur Erkennung von alternativen Antriebstechniken an verunfallten PKW: 1. Austretende Betriebsstoffe hören, riechen, sehen. 2. Unterboden, Kofferraum und Motorhaube erkunden. 3. Tankdeckel öffnen, 4. Oberfläche absuchen, um zum Beispiel Komponenten wie Airbags oder Gurtstraffer zu kontrollieren. Dabei erkannte Gefahren und das weitere taktische Vorgehen wurden per Funk weitergegeben.

Übungseinsatz Feuerwehr 26. April 2024Timo Lauxtermann und Fabian Mandrella arrangierten die Rettungsübung in einem Waldstück in Wulften.

Vor der Technischen Hilfeleistung wurde das Fahrzeug gesichert - erst provisorisch mit zwei Steckleiterteilen und Spanngurten. Später sorgte ein spezielles Abstütz-System für Stabilisierung. Nach dem so genannten „Einfrieren der Lage“ versuchten die Helfer einen Zugang für den Notarzt zu den zwei im Auto befindlichen Insassen zu schaffen.

Angetrieben durch ein hydraulisches Rettungsaggregat kamen unter knirschenden und knarzenden Geräuschen der Frontscheibe, mit Mundschutz und geschlossenen Visieren, erst eine Glassäge und später auch ein Federkörner und eine Rettungsschere zum Einsatz.

Kurz darauf fühlte der Notarzt am Handgelenk des Fahrers (bewusstlos = rote Person) den Puls. War ursprünglich geplant, zuerst den vorderen Insassen aus dem Auto zu befreien und anschließend den Hintermann (ansprechbar = gelbe Person), entpuppte sich dieses Vorgehen in der Praxis wegen wenig „Spielraum“ als ungeeignet.

Einen Plan B sollte der Einsatzleiter deshalb immer parat haben. Dank eines schließlich eingesetzten Pedalschneiders am Lenkrad wurden nach einer guten halben Stunde schließlich beide eingeklemmten Personen unmittelbar nacheinander unversehrt aus dem Fahrzeug gerettet.

Übungseinsatz Feuerwehr 26. April 2024Der erfolgreichen Personenrettung folgten eine abschließende Kontrolle am Unfallwagen und eine umfassende Aufarbeitung der Abläufe. Fotos; Gemeinde Bissendorf / Kollorz Fazit der Besprechung auf Führungsebene, noch direkt im Wald: Man hätte eventuell noch eine Einheit für frische „Man-Power“ nachalarmieren können. Wünschenswert wäre zudem gewesen, noch gezielter beruhigend auf die Person bei Bewusstsein im PKW einzuwirken.

„Das alles ist Meckern auf hohem Niveau. Alles lief sauber und flüssig, von der Anfahrt über das Ausleuchten des Einsatzortes vor Einbruch der Dämmerung, bis zur Ordnung des Raumes“, befand Schledehausens Ortsbrandmeister Dietmar Kienker.

„Auch zeitlich sind wir sehr zufrieden! In Summe vergingen 32 Minuten vom Eintreffen des ersten Fahrzeugs bis zum Einsatzende“, zeigten sich auch die Übungsleiter Timo Lauxtermann und Fabian Mandrella mit den Abläufen der technisch anspruchsvollen Rettung zufrieden.

Zurück im Feuerwehrhaus wurden sämtliche Abläufe im Anschluss an die Einsatzübung noch einmal mit allen Beteiligten anhand von Bildern auf einer Großleinwand aufgearbeitet.

Video von der Einsatzübung am 26. April 2024 in Wulften: