Umsetzung der Grundsteuerreform
Grundsteuerreform – Rechtliche Ausgangslage:
Zum 1. Januar 2025 tritt die Reform der Grundsteuer in Kraft. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 zur bisherigen Berechnungsgrundlage. Demnach verstößt das bisherige Bewertungssystem der Grundsteuer B (Gemeindesteuer, zu deren Zahlung jeder Eigentümer bebauter oder bebaubarer Grundstücke sowie Gebäude verpflichtet ist) gegen das grundsätzlich verankerte Gebot der Gleichbehandlung.
Mit dem Ziel, die Grundsteuer auf eine zeitgemäße, nachvollziehbare und gerechte Grundlage zu stellen, wurde das Grundsteuerrecht vom Bundestag am 18. Oktober 2019 mit Wirkung ab dem kommenden Haushaltsjahr grundlegend reformiert. Die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tretende Änderung des Bundesgesetzgebers beinhaltet eine Länder-Öffnungsklausel, welche es den Bundesländern ermöglicht, eigene Grundsteuermodelle zu entwickeln. Von dieser Möglichkeit hat das Land Niedersachsen Gebrauch gemacht und am 7. Juli 2021 das Niedersächsische Grundsteuergesetz (NGrStG) beschlossen.
Zur Ermittlung der Grundlagen einer gerechteren Besteuerung ist das sogenannte Flächen-Lage-Modell entwickelt worden. Neben der Einbeziehung der Wohn- bzw. Nutzfläche und der Grundstücksgröße wird hierbei auch die Lage des Grundstücks in die Bewertung mit einbezogen.
Das in der Anwendung einfach gehaltene Modell funktioniert folgendermaßen: Auf Basis der von den Eigentümerinnen und Eigentümern mit der Grundsteuererklärung bis spätestens Januar 2023 übermittelten Daten stellt das Finanzamt den Äquivalenzbetrag fest und übermittelt ihnen einen Grundlagenbescheid.
(Fläche des Bodens x 0,04 Euro + Gebäudeflächen x 0,50 Euro) x Lagefaktor
Der Lagefaktor bewirkt, dass Lagen mit hohem Bodenrichtwert etwas höher und Lagen mit niedrigem Bodenrichtwert etwas niedriger besteuert werden.
Schema des Flächen-Lage-Modells
In der nächsten Stufe wird der ermittelte Äquivalenzbetrag mit der gesetzlich festgelegten Steuermesszahl multipliziert. Das ergibt den Grundsteuermessbetrag, zu dem die Eigentümer ebenfalls vom Finanzamt einen Grundsteuermessbescheid erhalten haben.
Äquivalenzbetrag x Steuermesszahl = Grundsteuermessbescheid
Die Grundsteuermesszahl ist für Wohnflächen auf 70 Prozent ermäßigt. Weitere Ermäßigungen gibt es u.a. für sozialen Wohnungsbau und denkmalgeschützte Gebäude.
Um die endgültige Grundsteuer zu ermitteln wird der Grundsteuermessbetrag in einer dritten Stufe mit dem Hebesatz der Kommune multipliziert. Die Formel hierzu lautet:
Steuermessbetrag x Hebesatz = Jahresbetrag Grundsteuer
In einem letzten Schritt erhalten die Eigentümer von der Kommune den Grundsteuerbescheid. Da die nach diesem Modell ermittelten neuen Grundsteuermessbeträge im Einzelnen und in der Summe naturgemäß von den derzeitigen Grundsteuermessbeträgen abweichen, ist es notwendig, einen neuen Hebesatz festzulegen. Die derzeitigen Messbeträge und Hebesätze der Kommunen verlieren somit ab dem 1. Januar 2025 ihre Gültigkeit.
Stichwort Aufkommensneutralität
Gemäß § 7 NGrStG hat jede Kommune einen sogenannten aufkommensneutralen Hebesatz für die Grundsteuer B zu ermitteln und zu veröffentlichen. Zur Ermittlung der vom Bundesverfassungsgericht erwarteten Aufkommensneutralität ist das bisherige Grundsteueraufkommen auf Basis der für 2024 im Haushalt veranschlagten Einnahmen mit dem zu erwartenden Grundsteueraufkommen nach dem Recht ab 2025 ins Verhältnis zu setzen. Übersetzt bedeutet das: Die Gemeinden müssen im Rahmen der Grundsteuerreform den Hebesatz veröffentlichen, mit dem sie in etwa genauso viel eingenommen hätten, wie vor der Reform.
Das Hebesatzrecht der Gemeinden bleibt von dieser Pflicht unberührt. Zur Deckung ihres Finanzbedarfs können die Gemeinden daher die Höhe des benötigten Steueraufkommens frei bestimmen. Sollte eine Kommune planen, im Zuge der Reform die Steuern grundsätzlich zu erhöhen, muss sie dies öffentlich mitteilen.
Bei der Ermittlung des aufkommensneutralen Hebesatzes für die Grundsteuer B ist zu beachten, dass sich die Besteuerungsgrundlagen bei der Grundsteuer A (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) nach neuem Recht verändert haben. Es kann daher zu Verschiebungen kommen. Um diese möglichst gering zu halten und der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Gleichbehandlung aller Grundstücke Rechnung zu tragen, ist die Festsetzung gleich hoher oder annähernd gleich hoher Hebesetze für die Grundsteuer A und B zu empfehlen.
Aktueller Sachstand in der Gemeinde Bissendorf
Zum aktuellen Berechnungszeitpunkt hat das für die Gemeinde Bissendorf zuständige Finanzamt Osnabrück-Land noch nicht alle Grundsteuermessbeträge der Grundsteuer B-Fälle und Grundsteuer A-Fälle ermittelt. Die Festsetzungen werden voraussichtlich erst Ende des ersten Quartals 2025 abgeschlossen sein. Zur Ermittlung des aufkommensneutralen Hebesatzes muss daher vom Fachdienst Finanzen der Gemeinde Bissendorf das Gesamtaufkommen des Grundsteuermessbetrags anhand der bisher vorliegenden Daten prognostiziert werden.
Nach Eingabe aller zur Errechnung benötigten Parameter in die entsprechende Formel ergibt sich für die Gemeinde Bissendorf ein aufkommensneutraler Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 316 Prozent. Dieser Hebesatz wird als aufkommensneutraler Hebesatz gem. § 7 NGrStG veröffentlicht.
Neben der Ermittlung des aufkommensneutralen Hebesatzes wurden weitere Varianten zur Gestaltung der Hebesätze berechnet. Hintergrund ist, dass die Gemeinde Bissendorf aufgrund der aktuell im Haushaltsplan 2025 vorgesehenen Defizits auf das geplante Steueraufkommen aus der Grundsteuer A und B nicht verzichten kann. Die Hebesetze müssen daher so gestaltet werden, dass das Gesamtaufkommen aus A und B mindestens erreicht werden muss. Zur Entlastung des kommunalen Haushalts ist daher eine moderate Anhebung des Aufkommens erforderlich.
Seitens der Verwaltung wurde eine weitere Variante entwickelt, die das Aufkommen nur um 3,68 Prozent im Vergleich zum Planaufkommen für das Jahr 2024 erhöht und gleichzeitig nur um 24 Hebesatzpunkte vom aufkommensneutralen Hebesatz entfernt ist.
Die Gemeinde Bissendorf schlug die Umsetzung der Grundsteuerreform auf Basis eines konsequenten Gleichheitsgrundsatzes durch Hebesätze auf ein und demselben Niveau vor:
Grundsteuer A: 340 Prozent mit einem Planaufkommen von 96.800 Euro
Grundsteuer B: 340 Prozent mit einem Planaufkommen von 2.239.900 Euro
Der dargelegte Verwaltungsvorschlag vereint sowohl die Darstellung der Reformziele als auch die Sicherung des gemeindlichen Realsteueraufkommens, ohne eine erhebliche Mehrbelastung der Grundstückseigentümer zu verursachen. Klar ist aber auch: Bei dieser Version werden einige Grundeigentümer mehr zahlen, während andere weniger zahlen. Das ergibt sich aber hauptsächlich aus der Anpassung der Grundlagenbemessung.
Der dargelegten Abwägung zwischen den für einen Haushaltsausgleich notwendigen Mehraufkommen und den zumutbaren Mehrbelastungen für die Eigentümer schlossen sich die Ratsfraktionen mehrheitlich an.
Was Eigentümer/innen noch wissen müssen:
Dem Verwaltungsausschuss am 5. Dezember 2024 (nicht öffentlich) folgte die öffentliche Ratssitzung am 12. Dezember 2024. Nachdem hier die notwendigen politischen Beschlüsse zur Hebesatzfestsetzung gefasst wurden, kann die Gemeinde Bissendorf den neuen Grundsteuerbetrag bestimmen und den Versand der Grundsteuerbescheide vorbereiten. Dieser erfolgt voraussichtlich im ersten Quartal 2025 per Post.
Außerdem wichtig: Die Grundsteuerreform zum 1. Januar 2025 ist auf der Datenbasis des Jahres 2022 erfolgt. Sollten in der Zwischenzeit Eigentümerwechsel erfolgt sein, erhält die Gemeinde Bissendorf die Unterlagen derzeit noch auf den Namen der/des Alteigentümer/s. Das Finanzamt Osnabrück-Land ist bemüht die Fortschreibungen bis zum Versand der Grundsteuerbescheide umzusetzen. Ob dies vollständig gelingt, ist derzeit aber fraglich.