Starke Stimme für die Frauenbewegung
Die Mezzosopranistin Stefanie Golisch überzeugte das Publikum nicht nur am E-Piano.
Die Sängerin mit kraftvoller Stimme präsentierte ihr Programm „Der lange Weg der Emanzipation“, umrahmt von Liedern für, von und über Frauen, auf Einladung der Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinde Bissendorf, Angelika Rothe, sowie der Landfrauenvereine Bissendorf-Holte und Schledehausen.
Begrüßt wurden die circa 50 Zuhörerinnen zu Beginn des musikalisch-literarischen Abend von Almut Detert. Die Vorsitzende der Landfrauen Schledehausen betonte, dass sich seit der Gründung des ersten landwirtschaftlichen Frauenvereins 1898 und seit der Feier des ersten Internationalen Frauentags am 19. März 1911 zwar vieles verbessert hat, dass es in Bezug auf die Rechte der Frauen und Weltfrieden aber noch genügend „Felder zu beackern“ gibt.
Seit 1921 wird der Internationale Frauentag weltweit am 8. März gefeiert. Ein Roll Up eingangs des Bürgersaals bündelt einige mit dem Kampf der Frauen nach Gleichberechtigung zentrale Schlagworte wie „Vielfalt“, „Gleichheit“, „Selbstbestimmung“, „Gleicher Lohn“, „Gewaltfreiheit“ und „Solidarität“.
Den in den vergangenen Jahrhunderten zurückgelegten, langen und steinigen Weg der Emanzipation zeichnete Stefanie Golisch in einem 70minütigem Programm nach. Entstanden war es während der besonderen Anforderungen der Corona-Pandemie – einer Zeit, in der die Betreuung der Kinder und Pflege älterer Menschen neben Home-Office und Haushalt wieder einmal vornehmlich von Frauen verrichtet wurde.
Begonnen mit Clara Schumanns Lied „Vorwärts“ beleuchtete Stefanie Golisch die Rolle der Frau in der Gesellschaft um vielen weiteren Frauen die Anerkennung teil werden zu lassen, die sie in ihrem Alltag oft nicht erfahren.
So führte etwa Mimi Fariñas „Brot und Rosen“, das 1911 bei einem Streik gegen Hungerlöhne und Kinderarbeit von 14.000 Arbeiterinnen in den Textilfabriken der amerikanischen Stadt Lawrence entstand, das Publikum zu den Anfängen der Internationalen Frauenbewegung.
Das Lied „Vor Gericht“ der französischen Komponistin Pauline Viardot-Garcia war ebenso Teil ihres Programms für Gleichstellung, wie der zur Hymne der britischen Frauenbewegung gewordene „March of the Woman“. Komponiert wurde letzterer 1911 von Ethel Smyth, aus Protest gegen die Verweigerung des Frauenwahlrechts, das acht Jahre später erstmalig in Deutschland zugesprochen wird.
Beim Song „Ciao bella ciao“ lief die Mezzosopranistin am E-Piano zu Höchstformen auf. Anfang des 20. Jahrhunderts von italienischen Reispflückerinnen gesungen, beklagt das Protestlied die unmenschlichen Arbeitsbedingungen unter der stechenden Sonne und fordert Würde und Respekt ein.
In ihrem Programm ging Stefanie Golisch ebenso auf die deutsche und internationale Frauenbewegung ein, wie auf die Unterschiede der bürgerlichen und proletarischen Strömungen. Die dabei dargebotenen Stücke stammen alle aus dem Archiv „Frau und Musik“ in Frankfurt.
Für ihr musikalisch-szenisches Programm "Der lange Weg der Emanzipation" griff die Künstlerin auch zum Akkordeon. Fotos: Gemeinde Bissendorf / Kollorz
Bei den Liedern „Ihr namenlosen Frauen“ und „Wenn wir unseren Neid besiegen“ griff die Sängerin zum Akkordeon. Beim „Hausfrauenblues“ (einem Stück zum Hausfrauengesetz) sagte die Künstlerin, die statt im besten Kleid im Hosenanzug die Bühne betrat: „Ich habe das Gefühl, meine Großmutter sitzt auf meiner Schulter und sagt: Endlich spricht das mal jemand aus!“
Abschließend zeichnete Stefanie Golisch den langen Weg der Emanzipation anhand einfacher Daten nach – angefangen von der Feier des ersten Internationalen Frauentags bis zur Erweiterung des Mutterschutzgesetztes und der Anpassung des Gewalthilfegesetzes (beide im Januar 2025).
Dabei betonte sie, dass weitere Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten nur dann beseitigt werden können, wenn alle Frauen Solidarität leben und Männer mit ins Boot holen.
Mit dem Lied „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ und einem Zitat der französischen Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir, klang das kurzweilige Programm aus: „Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen – Sie bekommen nichts“.