Ziel: Fütterung auf den Punkt

Veröffentlicht am: 15.08.2024
Autor: Gemeinde Bissendorf

EIP-Agri-Projekt NextMixProfitieren beim EIP-Agri-Projekt NextMix bei der Westrup-Koch Milch GbR von gebündeltem Knowhow und kurzen Wegen: Lukas Runnebaum, Hochschule Osnabrück, Greta Fenske, Seedhouse Accelator GmbH, Landwirt Ulrich Westrup und Christoph Lehmann, Noxt Sensortec GmbH. Foto: Gemeinde Bissendorf Projektbeteiligte am EIP-Agri-Projekt „NextMix – Sensorbasierte Echtzeitfütterung von Wiederkäuern“ auf dem Landwirtschaftsbetrieb im Ortsteil Linne sind die Hochschule Osnabrück, Fachgebiet Tierernährung der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück, die Osnabrücker Start Up-Unternehmen Noxt Sencortec GmbH und die Seedhouse Accelerator GmbH.

Am 13. August nahmen die Kooperationspartner beim Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die offizielle Urkunde des EU-Förderprogramms entgegen, das sich auf eine Summe von 406.000 Euro und einen Forschungszeitraum von drei Jahren erstreckt und Innovationen in der Landwirtschaft vorantreiben will.

Ziel des Forschungsprojekts, das bei der Problemlösung auf einen hohen Praxisbezug setzt, ist die optimale Fütterung der aktuell knapp 600 gehaltenen Milchkühe, die der Westrup-Koch GbR eine Jahresleistung von 13.700 Litern Milch pro Kuh erbringen.

„Anders als wir Menschen haben Kühe ein ziemlich sensibles Verdauungssystem und sollten eine möglichst homogene Masse fressen. Aufgrund von wechselnden Witterungsverhältnissen und zunehmenden Klimaextremen entstehen jedoch starke Schwankungen der Trockensubstanzgehalte in den Anschnittsflächen der Silagen“, erklärt Landwirt Ulrich Westrup zum Projektauftakt, zu dem auch der Bürgermeister der Gemeinde Bissendorf erschienen war.

EIP-Agri-Projekt NextMixDie Ergebnisse des EU-geförderten Forschungsprojekts "NextMix - Sensorbasierte Echtzeitfütterung von Wiederkäuern" könnten auf dem Hof Westrup-Koch in Kürze für Kühe mit einer besseren Klimabilanz sorgen. Foto: Gemeinde Bissendorf Um schwankende Feuchtegehalte in den Grundfuttermitteln und daraus resultierende Stoffwechselstörungen bei der Kuh und inkonsistente Milchleistungen und -inhaltsstoffe zu vermeiden, prüft Ulrich Westrup bisher einmal pro Woche den Trockengehalt der Mischung aus Mais- und Grassilage, Körnermais, Rapsschrot, Mineralfutter und zudosiertem Wasser. Doch dem Landwirt aus Überzeugung sind die somit erhaltenden Durchschnittswerte zu ungenau.

Durch die direkte Messung der Trockensubstanzgehalte beim Einfräsen des Futters am Silostock während des Mischprozesses sowie beim Futteraustrag wird die Fütterungsgenauigkeit in Echtzeit direkt angepasst.

Im dritten Projektjahr  sollen bei einer Gruppe von Milchkühen mittels eines Sensorchips im Pansen Messungen der Magen-PH-Werte vorgenommen werden. Dies dient als Nachweis, dass die Futteroptimierung einen Vorteil bringt. Darüber hinaus läuft auf dem Hof Westrup Koch von April 2024 bis bis März 2027 ein prä-biotisches Forschungsprojekt der Hochschule Osnabrück, um schon bei der Fütterung von Kälbern neue, innovative Wege zu gehen.

„Die Westrup-Koch Milch GbR ist in vielerlei Hinsicht schon sehr fit! Nur 55 bis 60 Prozent der Milchviehalter in Deutschland führen eine Trockensubstanzgehaltsmessung durch. Gerade  kleinere Betriebe, die oftmals nicht analysieren, sondern füttern wie sie meinen, könnten die Ergebnisse des Projektes NextMixgleich drei Schritte voranbringen. Denn je geringer die Schwankungen im Futter, desto gesünder ist die Kuh“, erläutert Dr. Kilian Fenske, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Osnabrück.

EIP-Agri-Projekt NextMixDurch die direkte Messung der Trockensubstanzgehalte vor, während und nach dem Mischprozess der Futtermasse wird die Fütterungsgenauigkeit in Echtzeit direkt angepasst. Foto: Seedhouse Accelerator GmbH Die Durchmischung der täglich circa 19 Tonnen Grundfuttermittel vom Silo auf dem Hof Westrup-Koch erfolgt in Futtermischwagen des assoziierten Partners Strautmann & Söhne GmbH & Co. KG Landmaschinen. Um unnütz lange Laufzeiten dieser „überdimensionalen Thermomixe“ zu vermeiden und dennoch eine optimale Feuchte und Homogenität der Nährstoffe im Futter gewährleisten zu können, werden sie in Kürze  mit acht  Hightech-Sensoren ausgestattet, welche Noxt Sensortec entwickelt hat.

„Vor drei Jahren sind wir in der Sparte Windenergie gestartet. Unsere neuartigen Sensoren arbeiten per Tiefenimpedanz-Spektroskopie. Mittels elektromagnetischer Felder messen sie hundert Mal pro Sekunde und geben präzisen Aufschluss über die Trockenmassegehalte der Futterration.“

In Kooperation mit dem Landmaschinenhersteller Claas wird die Technik des Osnabrücker Start Ups bereits bei der Ernte an Mähdreschern und Feldhäckslern eingesetzt und soll in Serie kommen. Im Bereich Futtermischwagen möchte Noxt nun eine günstige und genaue Alternative zu bereits auf dem Markt befindlichen NIRS-Sensoren eines Mitbewerbers schaffen.

Ziel des EIP-Agri-Projekts ist eine durch wissenschaftliche Auswertungen gesicherte Vergleichsstudie zwischen einer Fütterung mit und ohne Sensortechnik mit daraus resultierenden Handlungsempfehlungen bis in den Bereich der Maschinensteuerung hinein. „Das Projekt hat ein breites Anwendungspotential. Neben Milchvieh- und Bullenmastbetrieben könnten die Ergebnisse auch im Bereich der Pferdeaufzucht von hoher Bedeutung sein“, gibt Prof. Dr. Heiner Westendarp, Hochschule Osnabrück, zu bedenken.

EIP-Agri-Projekt NextMixAngesichts der guten Rahmenbedingungen für die aktuelle EIP-Agri-Studie zeigten sich auf dem Hof Westrup-Koch alle beteiligten Akteure gut gelaunt. Foto: Gemeinde Bissendorf Mit seinen Studenten aus dem Fachgebiet Tierernährung bringt er das erforderliche wissenschaftliche Knowhow und die Messtechnik mit, um die Forschungsergebnisse zusammenzutragen. Das Osnabrücker Start Up-Zentrum Seedhouse um Greta Fenske übernimmt wiederum die Projektkoordination, kümmert sich zum Beispiel um die Abrechnungen mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Oldenburg, ist zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit und Messeauftritte, damit die Ergebnisse öffentlich geförderter Forschungsprojekte möglichst schnell in der breiten Praxis ankommen.

Vor einer gemeinsamen Besichtigung des Bissendorfer Betriebs richtete Bürgermeister Guido Halfter seinen Dank an alle beteiligten Akteure: „Es wäre fantastisch, wenn Ihr hier in Bissendorf etwas entwickelt, was vielleicht in die große weite Welt hinausgeht. Statt im Labor zu hocken, halte ich den im Vordergrund stehenden Praxisbezug des Projektes für enorm wichtig für die Studierenden. Und statt unter dem Motto ´höher, schneller, weiter´ nur mehr Wirtschaftlichkeit zu verfolgen, spielen auch Aspekte wie das Tierwohl und die Nachhaltigkeit eine große Rolle.“