Ein Übungsdefibrillator für die Oberschule in Bissendorf
In der Aula der Oberschule am Sonnensee mit gymnasialem Angebot (OBS-GY), hängt gut sichtbar am Eingang ein AED (Automatisierter Externer Defibrillator). Aus dem verschlossenen Wandkasten entnommen wird das Gerät jedoch nur im Falle eines Realeinsatzes, der hoffentlich nie eintritt.
Aber was, wenn doch? Statistisch erleiden in Deutschland mehr als 50.000 Personen pro Jahr einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand. Traurig aber wahr: Die Überlebensrate der Betroffenen liegt aktuell lediglich bei 10 bis 15 Prozent.
Beinah selbsterklärend bedienbare AEDs sind bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung ein wichtiges Instrument. Das Netzwerk der vorhandenen Geräte an Schulen, in Sporthallen oder Supermärkten wir kontinuierlich enger. Doch leider mangelt es neben regelmäßiger Praxis für Handlungssicherheit oft auch am Wissen über die genauen Standorte. So hängt die Nutzung der lebensrettenden Gerätschaften zum einen vom Zufall ab, zum anderen von der öffentlichen Zugänglichkeit.
Schulsozialarbeiterin Malina Buntrock und Lehrkraft Sven Gärtner leiten und koordinieren das Projekt "Schüler retten leben" an der OBS-GY. Neben ihnen freuten sich Rektor Markus Gerling, Dr. med. Andreas Atzeni, Bürgermeister Guido Halfter und die Schulsanitäter Anton, Sophie und Leander über das neue AED-Gerät, an dem nun regelmäßig geübt werden kann. Foto: Gemeinde Bissendorf
Doch mit Blick auf immer längere Anfahrtswege für Rettungskräfte wird eine zügige Reanimation durch Laien zunehmend wichtiger. Während die „Profis“ in Niedersachsen laut Rettungsdienstgesetz (NRettG) maximal 15 Minuten vom Absetzen des Notrufs bis zum Eintreffen an der Unfallstelle brauchen dürfen, entstehen nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand bereits nach drei Minuten irreparable Hirnschädigungen.
„Herzkreislauf-Stillstand ist aktuell die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Dabei könnte die Lösung relativ einfach sein: Schnell begonnene, effektive Wiederbelebungsmaßnahmen verdoppeln bis verdreifachen die Überlebenschance der Betroffenen. Darum ist eine breite Wiederbelebungsausbildung in der Bevölkerung, die bereits in jungen Jahren in den Schulen beginnen sollte, von zentraler Bedeutung für vermeidbare Verluste an Menschenleben“, erklärt Dr. med. Andreas Atzeni.
Seit Sommer 2021 setzt sich der Internist, Nephrologe und Notfallmediziner mit seinem in Bramsche gestarteten Projekt „Kids save lives“ in Grundschulen und weiterführenden Schulen in Stadt und Landkreis Osnabrück dafür ein, notwendige Wiederbelebungskompetenzen zu vermitteln indem er sie mit entsprechenden Materialien und Schulungen für Lehrkräfte ausstattet.
Denn während Wiederbelebungsunterricht in einzelnen EU-Ländern wie beispielsweise Dänemark, Belgien oder Italien gesetzlich verankert ist, bremst der Föderalismus in Deutschland flächendeckende Bemühungen aus. Doch nach Nordrhein-Westfalen (2014) kommt nun auch das Land Niedersachsen der steten Forderung nach, Wiederbelebungsunterricht als festen Bestandteil gesetzlich im Lehrplan zu verankern.
So wurde nach einer Beschlussempfehlung des Kultusausschusses ein entsprechender Antrag der Fraktionen SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen in einer Sitzung des Niedersächsischen Landtags am 29. Januar 2025 in abschließender Beratung behandelt und unverändert angenommen. Geplant ist die Integration der Wiederbelebungsinhalte in das Kerncurriculum des Faches Biologie in der Sekundarstufe ab dem Jahr 2026.
Partnerschaften mit externen Hilfsorganisationen, insbesondere im Ganztagsbereich, sind ein weiterer zentraler Ansatzpunkt. Ein „Aktionsmonat Wiederbelebung“ könnte darüber hinaus ein breites Bewusstsein für die Bedeutung der Ersten Hilfe schaffen und die allgemeine Bereitschaft zu Hilfeleistung in der Gesellschaft nachhaltig fördern.
Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter begrüßte diese politische Weichenstellung ausdrücklich und begleitete die Überreichung des Übungs-Defibrillators an Oberschulrektor Markus Gerling und eine Delegation aus Schulsanitätern und projektbetreuenden Erwachsenen.
Weitere wichtige Stellschrauben könnten künftig eine gesetzliche Pflicht zur Kartografierung aller vorhandenen AEDs und eine Vernetzung der vielen verschiedenen, APP-basierten Helfernetzwerke sein, waren sich die Beteiligten einig.
Mit aktuell 18 Schulsanitäterinnen und Schulsanitätern in den Jahrgängen 8 bis 10 ist die OBS-GY schon mal grundlegend gut aufgestellt. Mit dem jetzt als Dauerleihgabe überreichten AED-Trainer können die regelmäßigen Fortbildungen im Rahmen des Projektes „Schüler retten Leben“ ab sofort noch praxisnaher gestaltet werden.